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Heizkostenverordnung 2021: Eine Novelle mit Hürden

Die Heizkostenverordnung wird novelliert. Der Referentenentwurf kommt aber verspätet und Änderungen sorgen für Unklarheiten. Eine Bewertung.

Die Heizkostenverordnung (HeizkostenV) 2021 wird novelliert. Grund dafür ist die Verabschiedung der EU-Energieeffizienzrichtline (EED) aus dem Jahr 2018. Diese fordert die Fernauslesbarkeit von Messgeräten sowie monatliche und transparente Verbrauchsinformationen für Mieter. Der Referentenentwurf seitens des BMWi kommt allerdings verspätet und die geforderten Änderungen sorgen bei Verbänden für Unklarheiten. Eine Bewertung.

Seit dem 25.12.2018 steht fest: Die Novellierung der EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) tritt in Kraft. Diese besagt, dass ab dem 01.01.2022 alle Mieter in fernauslesbaren Liegenschaften mit einer monatlichen Verbrauchsvisualisierung versorgt werden müssen. Weiter müssen bis zum 01.01.2027 alle Bestandsliegenschaften mit fernauslesbarer Messtechnik nachgerüstet werden.

Timeline: Vom EED zur Heizkostenverordnung
Timeline: Vom EED zur Heizkostenverordnung

Für die Definition der wegweisenden Maßnahmen und deren Umsetzung auf Bundesebene per Novellierung der Heizkostenverordnung wurden dem BMWi bis zum 25.10.2020 rund 22 Monate Vorbereitungszeit eingeräumt. Der korrelierende Gesetzesentwurf ist letztlich am 10.03.2021 veröffentlicht worden. Dieser kam somit verspätet und überraschte mit diversen Änderungsvorschlägen.

Die Änderungen der Heizkostenverordnung

  1. Fernauslesbarkeit von Messgeräten
  2. Interoperabilität von Messgeräten
  3. Abrechnungs- und Verbrauchsinformationen
  4. Mitteilungspflicht
  5. Kürzungsrechte der Nutzer

1. Fernauslesbarkeit von Messgeräten

„Ausstattungen für die Ablesung von Messgeräten müssen künftig fernablesbar sein [...] und sicher an ein Smart-Meter-Gateway angebunden werden können.“

Eine Ausstattung zur Verbrauchserfassung gilt als fernablesbar, wenn sie ohne Zugang zu einzelnen Nutzeinheiten abgelesen werden kann. Dazu zählen Walk-by- sowie Drive-by-Anlagen. Ab dem 01.01.2027 ist ausschließlich der Betrieb von fernauslesbaren Messgeräten zulässig.

Das sagt die Branche:

Die flächendeckende Implementierung von Funktechnik ist bekannte EED-Grundlage. Im Sinne der EED ist die Einbindung von Sub-Metering über Smart-Meter-Gateways die technische Voraussetzung für den Schritt. Eine Anbindung an SMGW bietet generell die Chance auf Bündelangebote (Strom + Messdienst). Das Problem: Es gibt aktuell keine mit Smart-Meter-Gateway kompatiblen Messgeräte bzw. Infrastrukturen. Darüber hinaus sollten Definitionen - bspw. der Transportkanäle - verbessert werden, um möglichen Nachfragen/Einsprüchen entgegenzuwirken. Im Ganzen ist ein technisches Vakuum zu erwarten, welches zu Ausstattungsproblemen führen kann.

Durch einen erhöhten Verwaltungsaufwand (Nutzerwechsel) und höchstwahrscheinlich steigende Gerätepreise (Investitionskosten durch Gerätetausch) wird zusätzlich die Thematik der aufkommenden Mehrkosten unausweichlich sein. Diese Gefahr wird im Referentenentwurf nicht vollends anerkannt.

2. Interoperabilität von Messgeräten

„Fernablesbare Ausstattungen zur Verbrauchserfassung einschließlich ihrer Schnittstellen müssen mit Ausstattungen gleicher Art anderer Hersteller interoperabel sein und gleichzeitig den Datenschutz sowie die Datensicherheit gewährleisten.“

Mit Interoperabilität ist die Fähigkeit der verschiedenen Ausstattungen gemeint, Daten bzw. Informationen ohne Umwege oder Nach- bzw. Umrüstungen miteinander auszutauschen.

Das heißt: Ein neuer Ablesedienstleister oder ein Gebäudeeigentümer muss die Ausstattungen zur Verbrauchserfassung des alten Ablesedienstleisters selbst fernablesen können und die dafür notwendigen Informationen und Daten erhalten.

Darüber hinaus werden im Rahmen der „Einhaltung des Stands der Technik“ neue Sicherheitsstandards bei interoperablen Datenübertragungen definiert. “So können verschiedene Sparten über eine gemeinsame Infrastruktur unter hohen Datensicherheits- und Datenschutzstandards gebündelt und der Wettbewerb gestärkt sowie die Wirtschaftlichkeit für Verbraucher verbessert werden.”

Das sagt die Branche:

Messgeräte bzw. die zugrundeliegende Infrastruktur sollen bei Übernahme durch einen neuen Anbieter nicht ausgetauscht werden müssen. Dies ermöglicht einen einfachen Anbieterwechsel und birgt somit die Möglichkeit auf einen hohen Wettbewerb.

Zusätzlich gilt festzuhalten: Die für die Zukunft geforderten Thematiken und Maßnahmen sind durch OMS-Technologie grundsätzlich schon heute möglich. Durch innovative Dienstleister könnte hier ein schnellerer Schritt nach vorn erzielt werden.

Beim Thema Sicherheitsstandards ist zu erwarten, dass das BSI Vorgaben bei der Integration der Sub-Metering-Struktur in das SMGW diktieren wird. Konkrete technische Vorgaben sind nämlich noch nicht vorhanden, ebenso wenig wie entsprechende Geräte auf Herstellerseite. Auf Basis der BSI-Performance beim Smart-Meter-Gateway besteht zudem das Risiko eines langwierigen und später intensiven Zertifizierungsprozesses.

3. Abrechnungs- und Verbrauchsinformationen

„Wenn fernablesbare Ausstattungen zur Verbrauchserfassung installiert wurden, hat der Gebäudeeigentümer den Nutzern Abrechnungs- oder Verbrauchsinformationen auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs- oder der Ablesewerte von Heizkostenverteilern ab sofort auf Verlangen 4x im Jahr - ansonsten 2x im Jahr - mitzuteilen.“

Ab dem 1. Januar 2022 müssen die Informationen während der Heizperiode monatlich übermittelt werden. Eine noch häufigere Information wäre zulässig, würde jedoch dazu führen, dass der Eigentümer bzw. das Sub-Metering-Unternehmen dem Nutzer bis zu täglich Verbrauchsmitteilungen schicken und damit auch den Verbrauch täglich erfassen dürfte.

Das sagt die Branche:

Im aktuellen Gesetzesentwurf werden an dieser Stelle bisher nur Heizkostenverteiler berücksichtigt. Die Benennung von Warmwasserzählern fehlt hier gänzlich. Darüber hinaus erweist sich die Beschränkung der Ablesung auf die “Heizperiode” von Oktober bis April als nicht sinnvoll.

Weiter wurden noch keine Übergangsfristen zur Prozessetablierung definiert. Das ist bedauerlich, da ein sofortiger Handlungszwang nötig wäre, um die ersten betroffenen Liegenschaften zeitnah und mit bestmöglichem Nutzen umsetzen zu können.

Der Gesetzesentwurf limitiert im aktuellen Stand außerdem die Ableseintervalle. Innovative Sub-Metering-Lösungen sind bereits heute in der Lage, bei Bedarf tägliche Verbrauchsinformationen zur Verfügung zu stellen. Die Chance, auf Basis regelmäßiger Verbrauchsinformationen die Energieeffizienz nachhaltig zu steigern, ist demnach vorerst nicht gegeben.

Die individuelle Erfassung und anschließende Abrechnung von Versorgungsleistungen auf Verbrauchsbasis
Die individuelle Erfassung und anschließende Abrechnung von Versorgungsleistungen auf Verbrauchsbasis

4. Mitteilungspflicht

„Verbrauchs- oder der Ablesewerte von Heizkostenverteilern sind [...] mitzuteilen“

Das sagt die Branche:

Mitteilen der Informationen bedeutet, dass die Information den Nutzer unmittelbar erreicht, ohne dass er sie suchen muss. Dies muss laut Entwurf in Papierform (Post) oder auf elektronischem Wege (E-Mail) geschehen.

So wird ein ineffizientes Push-Verfahren verpflichtend. Die Form der gängigen Push-Notifikationen über Portale und Apps werden in alleiniger Form nicht als ausreichend angesehen und müssen durch Post oder E-Mail ergänzt werden. Dies bedarf zusätzlicher Berücksichtigung im Übergabe- und Authentifizierungsprozess und birgt Zusatzkosten durch Papier und E-Mail-Handling.

5. Kürzungsrechte der Nutzer

„Wenn der Gebäudeeigentümer entgegen § 5 Absatz 2 oder Absatz 3 keine fernablesbare Ausstattung zur Verbrauchserfassung installiert hat, hat der Mieter das Recht, bei der Abrechnung der Kosten den auf ihn entfallenden Anteil um 3% zu kürzen.“

Das sagt die Branche:

Die Kürzung um 3% ist ein grundsätzlich sehr geringer Wert. Dieser wird mit dem “fehlenden Schaden beim Mieter” gegenüber einer fehlenden Abrechnung nach Verbrauch begründet. In dieser Form fallen Risiko und Rückzahlung auf Seiten der Betreiber bei Nichteinführung sehr gering aus. Spärliche Sanktionierungen wie diese bergen zudem die Gefahr der Hemmung von essentiellen Innovationszwängen.

Wie geht es jetzt weiter mit der Heizkostenverordnung?

Betroffene Verbände haben schnell reagiert. In offiziellen Stellungnahmen haben sie Einschätzungen sowie Verbesserungspotential zu den vorgeschlagenen Änderungen dargelegt. Diese müssen nun vom BMWi evaluiert und auf Korrekturrelevanz geprüft werden. Mit einer baldigen Verabschiedung der Heizkostenverordnung gemäß EED ist damit vorerst nicht zu rechnen. Aktuell gibt es keine Information seitens des BMWi oder andere verlässliche Indikation bezüglich des Novellierungszeitraums der HeizkostenV.

Im Gros wäre eine Beachtung der Kritik sowie der Vorschläge aus der Branche wünschenswert, um die Konkurrenzfähigkeit kleinerer Messdienstleister aufrecht zu erhalten.

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